Technische Überlegungen / Hosen nähen – Stoffe leiern beim Tragen unterschiedlich!!

Mit viel Sorgfalt und Zeit angepasst habe ich meine Hosen. Ein bisschen eng sind sie nach der Fertigstellung gewesen. Ich wusste, sie werden beim Tragen weiter. Die schwarze Jeans hat 2% Elastan und 5% Polyester; ich habe ihr ein mittleres „Ausleier-„Potential zugedacht.

Die rote Hose ist aus Cord. Cord leiert wie verrückt, jeder weiss das.  Was ich nicht bedacht habe, Cord aus Baumwolle verhält sich anders als Polyestercord. Der rote Stoff ist Polyestercord. Der Hosenstoff hat kein Elastan. Dieser Hose habe ich ein hohes „Ausleier-„Potential zugeschrieben und sie sehr eng genäht.

Jetzt habe ich getestet wie sich die Stoffe im Alltag verhalten. In den Test einbezogen habe ich noch die gekaufte Geniestreichhose mit Stoff mit auch ein bisschen Elastan und meine Fleckenjeans. Auch sie hat 2% Elastan.
Auf vier Hosen habe ich also direkt nach der Wäsche, mit keinen roten Stichen genau 10 cm markiert. Die Markierung sitzt jeweils auf dem hinteren Oberschenkel, 10 cm unter dem Po. An einer Stelle also, die in mittlerer Weise beansprucht wird. Dann ist jede Hose 3 Tage getragen worden.

Auf den Fotos kann man sehen was passiert ist. Die oberen Bilder sind vor dem Tragen, die unteren Fotos  nach 3 Tagen Beanspruchung gemacht:

Rote Cordjeans vorher rote Cordhose nachher

 

Auf 10 cm ist 1 mm Mehrweite entstanden. Die Hose bleibt zu eng für lange Autofahrten. Ich nähe ihr einen Steifen in die Hosenbeine um sie reisefähig zu machen.

Merke: Polyestercord dehnt sich beim Tragen praktisch nicht.

 

Schwarze Jeans vorherSchwarze Jeans nachher

 

Schwarze Jeans, 2% Elastan und 5% Poyester, hier gibt es eine Mehrweite von 0,5 cm auf 10 cm. Die Hose sitzt jetzt ganz schön weit. Wenn ich nicht die Nähte sorgfältig mit Ziernähten versehen hätte, würde ich sie enger nähen.

Merke: Stretchdenim kann sich sehr weiten. Nicht gleich die Nähte absteppen sondern erst tragen und dann noch mal an den Körper anpassen. Für die Auroreise ist diese Hose aber wunderbar weil weit und gemütlich.

 

Fleckenjeans vorherFleckenjeans nachher

Rote Jeans, ca 2% Elastan , hier gibt es eine Mehrweite von 0,15 mm auf 10 cm. Die Hose sitzt auch noch nach 3 Tagen eng und knackig.

Merke: Stetchdenim kann sich sehr weiten, muss aber nicht. Nicht gleich die Nähte absteppen sondern erst tragen und dann noch mal an den Körper anpassen ist ein guter Tip. Nicht immer ist das aber nötig. Und, Stetchdenim ist nicht gleich Stretchdenim, auch wenn er ungewaschen sehr ähnlich scheint.

 

Geniestreichjeans vorherGeniestreichjeans nachher

Blaue Jeans, 2% Elastan, auch hier gibt es eine Mehrweite von 0,5 cm auf 10 cm. Die Hose sitzt wie die schwarze  jetzt ganz schön weit.

Wie geht ihr mit solche unkalkulierbaren Phänomenen bei Stoffen um. Wie kalkuliert ihr das Verhalten der Stoffe schon vor dem Nähen ein?

Ich freue mich über Kommentare zu euren Erfahrungen.

Ich stecke meine Hosen jetzt in die Waschmaschine und guck mal wie sie rauskommen.

 

9 Gedanken zu „Technische Überlegungen / Hosen nähen – Stoffe leiern beim Tragen unterschiedlich!!

  1. Pingback: Ginger Jeans | Langsam nähen

  2. Frau Lotterfix

    Sehr interessanter Artikel! Ich fange gerade erst an, mich dieser Fragestellung nähtechnisch zu nähern und kann daher leider noch nichts konstruktives beitragen, aber ich finde Deine Herangehensweise wirklich lesenswert.

    Viele Grüße, Frau Lotterfix

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  3. MaxLau

    Man kann ja nicht an alles denken…..
    Ich nähe nicht gerne Hosen, denn diese Anpasserei ist mir ein grausliches Grauen. Letztes Jahr hatte sich meine Nähkursleiterin eine wunderschöne Bundfaltenhose genäht und da sie so ziemlich die selbe Statur hat wie ich, schlupfte ich hinein, probierte an, bejahte das Ergebnis, kaufte Stoff und nähte die Hose nach ihrem Schnitt.
    Wie dooooof – übelster Anfängerfehler! Mein Stoff hatte nullkommanull Anteile Elastan und war zu eng – trotz Bundfalten!!! Ich hätte niemals nie gedacht, was der Elastananteil für Auswirkungen hat. Seitdem halte ich mich – im großen und ganzen – an die vorgegebenen Stoffangaben.

    Deine Tests finde ich sehr gut und aufschlussreich. Vielen Dank dafür.
    Martina

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  4. beswingtes Fräulein

    Danke für diesen interessanten Beitrag! 🙂

    Ich habe ja nun noch keine Hose (fertig) genäht, aber bin auch kein Freund von Stretch – dennoch habe ich in meinem Leben einige Kaufhosen gehabt und genau die gleiche Erfahrung gemacht. Eine Hose habe ich mal knalleng (also wirklich knalleng, ich hatte begründete Sorgen beim Treppensteigen, weil ich kaum das Knie hochbekam) gekauft und nach einem Abend konnte ich aus ihr herausschlüpfen ohne den Knopf vorn aufmachen zu müssen. Ich habe diese Hose reklamiert, aber es hinterlässt bis heute einen bitteren Nachgeschmack. Das bringt mich nun zur nächsten Frage: Warum denn Stretch? Gerade wenn man wie Du so hervorragend in die Anpassungen geht, braucht es doch gar keinen Stretch – oder habe ich da irgendetwas nicht bedacht?

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  5. Immi Meyer

    Leider, leider gibt es im Handel für uns Hobbyschneiderinnen nicht die Hosenstoffe, die die Industrie verarbeitet.
    Ich nähe meine Hosen vorab mit der heißen Nadel und ganz ohne Extras zusammen und trage sie erstmal ein. Wenn der Stoff entsprechend ‚gearbeitet‘ hat, trenne ich sie wieder auf und lege den Schnitt erneut auf, um die Hosen dann ordentlich fertigzunähen.

    Liebe Grüße
    Immi

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  6. nowak

    Das ist genau der Grund, warum ich Stretchstoffe meide…. nein, berechnen kann man das nicht. Nur testen.

    Ich arbeite die Taille entsprechend fest oder auf Gummi und füttere die Hose bis zum Knie. Aber bei „Jeansartigen“ kommt das nicht in Frage.

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  7. Ursula

    Ja, wenn es nur die Weite wäre – der Stretchanteil beeinflusst schon ohne Tragedehnung die Passform.

    Ich habe mir einen normalen Hosenschnitt (also nicht Jeans, sondern mit beinumspielender Weite) angepasst. Den Muslin habe ich aus einem alten Baumwolllaken ohne Stretch genäht und dachte, da das eh kein knallenges Teil ist, wird etwas Stretch wohl nicht so viel ausmachen. Falsch gedacht – und, ja, hätte ich besser wissen sollen. Der mühsam erarbeitete, gute Sitz unter dem Hinterteil war dahin. Also habe ich die überschüssige Länge bei der nächsten stretchigen Hose von vornherein aus dem Schnitt rausgekniffen. Mit Erfolg.

    Jetzt muss ich nur noch die Änderung auf die missratene erste Hose übertragen. Das ist ein bisschen ne Frickelei, weil ich ja bei der Hose nicht einfach einen horizontalen Abnäher rauskneifen kann, ich muss also das Äquivalent erzeugen durch Auslassen der Hinterhose an der hinteren Mittelnaht und Rausschieben der Weite an der Seitennaht. Und da ich nicht vorausschauend genug war, in der HM eine Nahtreserve zu lassen, werde ich wohl sogar einen Zwickel einfügen … da ich meine Oberteile eh immer drüber trage, ist das kein Problem.

    Die Lehre: Winkel beim Zuschnitt gemäß Stretchanteil einstellen und immer eine keilförmige Nahtzugabe in der HM lassen (die früheren Konfektionshosen hatten das standardmäßig).
    Für den Sommer werde ich mir wohl auch Baumwollstretchhosen nähen. Ich hoffe sehr, dass sich die Leierei dann mit ner reinen Weitenkorrektur beheben lässt …

    Viele Grüße
    Ursula

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  8. Susanne

    Gut, man weiß theoretisch, dass Stretchstoffe, selbst mit geringem Elasthananteil, sich beim Tragen nachweiten, aber gesichert berechnen lässt sich das meiner Meinung nach nicht. Das habe ich jedenfalls bei den beiden schmalen Hosen festgestellt, die ich genäht habe.
    Bei der zweiten engen Hose habe ich, um festzustellen, wie sehr sie sich durchs Tragen weitet, diese vor dem Ansetzen des Bundes zu Hause mehrere Stunden eingetragen und dann die Mehrweite abgenäht und den Bund angesetzt. Nach dem Waschen ist die Hose jetzt sehr eng, aber sobald ich sie ein halbes Stündchen anhabe, so, wie sie sitzen soll. Diese Methode werde ich beibehalten, falls ich mal wieder eine enge Hose mit Stretch nähen möchte.
    LG von Susanne

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  9. Siebensachen

    Das war ja eine echt wissenschaftliche Herangehensweise mit aussagekräftigen Ergebnissen. Ich denke, für dich hat sich die Mühe gelohnt. Ich habe auch gerade eine Hose genäht und bin gespannt, wie sie sich beim Tragen verhält; ich werde jedoch das Ergebnis „erfühlen“.
    LG
    Siebensachen

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