Am vergangenen Wochenende haben Immi, Rong und ich, Mema uns im Ferienhaus in Mettingen getroffen um den SWAP 12/13 zu reflektieren und auch um zu überlegen ob wir noch ein neues gemeinsames Projekt starten wollen.
Was ich nicht wusste, obwohl ich in der Nähe geboren bin, die Heimatgeschichte sehr gut kenne und seit mehr als 10 Jahren in Mettingen ein Ferienhaus besitze: Es gibt in Mettingen ein Museum, dass von Zeit zu Zeit internationale Ausstellungen organisiert. Mettingen hat 12.000 Einwohner!
Nun, nicht die Gemeinde Mettingen besitzt dieses Museum sondern die bekannte Firma C&A Brenninkmeijer (Brenninkmeier in meiner Kindheit). Die Firmengründer und Brüder Clemens und August sind dort 1818 bzw. 1919 geboren worden und die Firma hat die Verbindung zum Dorf über die Jahrhunderte aufrechterhalten. Sie ist die letzte der alten Töddenfamilien meiner Heimat, die noch aktiv im Textilhandel ist. Die Geschichte der Tödden (auch Tuödden) ist außerordentlich interessant und hat mit der Armut der bäuerlichen Gegend nach dem dreißig Jährigen Krieg und der Entwicklung neuer Arbeitsmöglichkeiten zutun.
Nun gut, Brenninkmeijer hat viele Jahre u.a. eine kleine Musternäherei mitten im Dorf unterhalten und vor einigen Jahren an dieser Stelle ein modernes Gebäude für ihre DRAIFLESSEN Collektion errichtet und genau hier ist an den SWAP-Treffen Wochenende die Ausstellung Mythos Chanel eröffnet worden. Rong, Immi und ich waren die ersten offiziellen Besucherinnen!
Um die Ausstellung besuchen zu können ist eine vorherige telefonische Anmeldung unbedingt erforderlich. Dafür bekommt man dann auch eine exklusive Führung in seiner Muttersprache. Wir sind zu dritt durch die Ausstellung geführt worden und hatten viel Zeit die ausgestellten Stücke zu bewundern und Schnittführung, Stoff, Stil und Design mit der jungen Kunsthistorikerin zu diskutieren. Es war ein großes Vergnügen und wir empfehlen allen diese Ausstellung zu besuchen.
In einem großen Ausstellungraum wird der Mythos Chanel in drei Kapiteln dargestellt.Den Kern bilden die Kreationen von Gabriel Chanel. Zu sehen sind „kleine Schwarze“ und Kostüme.
Im zweiten Kapitel finden sich vielfältige Bespiele für die Adaption der kleinen schwarzen Kleider bei anderen Designern (z.B. Oestergaard aber auch Miyake) und in Kaufhäusern (z.B. C&A Brenningmeier) von 1926 bis in die Gegenwart. Das kleine Schwarze wird in Analogie zum Ford Modell T gesetzt und so ein Auto ist auch ausgestellt! Als Tochter eines Autohändlers war das für mich ein Sondervergnügen!! Auch die Verbreitung der Chanelkostüme bei anderen Modemachern und in die Alltagsmode wird bespielhaft gezeigt.
Das dritte Kapitel zeigt Chanelmodelle der Nachfolger, hier sticht natürlich Lagerfeld hervor.
Ausgestellt sind darüber hinaus auch Schmuck und Handtaschen aus dem Haus Chanel. Eine Handtasche ist aus Jersey gearbeitet. Wer hätte das gedacht!
Insgesamt werden mehr als 150 Objekte gezeigt. Davon kommen 70 Objekte aus dem direkt Haus Chanel. Die hier gezeigten Fotos sind offiziellen Ausstellungsfotos*. Fotografieren ist nämlich verboten.
In der Austellung sieht man 24 Original Gabrielle Chanel Modelle aus den Jahren 1920 bis 1968. Viele sind rundherum zu besichtigen und Schnittführung und Herstellungsdetails gut zu erkennen. Das kleine, zur Eintrittskarte gehörende Heft, stellt die Modelle vor und informiert über Herstellungsdatum, das verwendete Material und die Maße. Für mich war besonders interessant zu sehen, dass die Säume der Jacken fast alle nicht parallel zum Boden enden sondern vorne höher geschnitten sind. Sie nehmen den Bogen auf, den die meist dreiteilig geschnittenen Ärmel machen. Bei dem Foto der fuchiafarbenen Jacke kann man das gut erkennen. Das Kostüm das Mms. Chanel oben auf den Foto trägt hat allerdings einen geraden Jackensaum. Die Rockbündchen waren ganz oft aus dem Stoff der dazugehörigen Bluse gearbeitet. Bulkreduktion! Bei den Lagerfeld/Chaneljacken habe ich das so nicht mehr beobachtet. Im Saum der Röcke befand sich, ähnlich wie in den Jacken, oft ebenfalls eine Panzerkette für den guten Sitz. Panzerketten ersetzte das Modehaus hin und wieder durch runde Metallamulette.
Wirklich spannend was ich da neues über diese Modelle herausgefunden habe. Manche dieser Beobachtungen werden in unseren neuen Informationsblog über Chanelmode einfließen.
Interessant waren auch die adaptierten Modelle. Es gibt da z.B. zwei „selbstgenähte“, das meint, nicht von ausgebildeten Schneiderinnen gearbeiteten Kostüme. Bei vielen Modellen wird die Geschichte der Trägerinnen erzählt und auf Umarbeitungen hingewiesen.
Die Ausstellung fragt nach den „Mythos Chanel“. Sie will Erklärungen liefern wie und warum die Chanelmode bis heute immer auf Neue aufgenommen und interpretiert wird. Das gilt insbesondere für das Tweedkostüm mit den für Chanel charakteristischen Elementen. Der umfangreiche Ausstellungskatalog informiert über verschiedene Aspekte der Person und auch der Firmenpolitik. Die vielen Farbfotos mit Detailaufnahmen der Kleidungsstücke zeigen aber auch, wie die Modelle gearbeitet wurden und sind für Hobbyschneiderinnen eine großartige Inspirationsquelle. Besonders originell und nachahmenswert fand ich das Detail eines Kostüms aus dem Jahr 1968. Statt der üblichen Borte an der Jacke wurde die Webkante des Stoffes verarbeitet.
Es lohnt sich also ins Tecklenburger Land zu fahren und diese Ausstellung zu sehen. Sie ist noch bis zum 7.7.2013 jeweils montags, mittwochs, freitags und sonntags von 11.00 – 17.00 Uhr geöffnet.
Telefonische Anmeldung : 05452 9168-3500
Wer es verpasst, danach kommt die Austellung von Mitte Oktober 2013 bis Anfang Februar 2014 nach Den Haag ins Gemeentemuseum und, offensichtlich noch nicht ganz sicher, von März bis Juni 2014 nach Hamburg ins Museum für Kunst und Gewerbe.
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Copyright der Fotos liegt bei: © Draiflessen Collection, Mettingen (Fotografie: Christin Losta)
das Copyright für das Foto vom T Modell liegt bei der Ford GmbH, Köln