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Vom Laufsteg in den Kleiderschrank 5.2 Finale / Tweedkleid / McQueen FW 17/18

Heute ist Finale des fünften Durchgangs von Yvonne/yvonetsurreal und Monika/Wollixundstoffix  Aktion „Vom Laufsteg in den Kleiderschrank“.  Dieser fünfte Durchgang hat mir  ein wunderbares neues Winterkleid gebracht.  Danke Monika und Yvonne. Es war mir ein Vergnügen. Und ich hoffe den anderen Teilnehmerinnen ging es auch so.

 

 

 

Dieses Kleidungsstück ist meine Inspiration, ein Kleid aus Fancy-Tweed, aus der Herbst- Winterkollektion 17/18 des Modehauses Alexander McQueen.   Mehr darüber in Teil 5.1  und Teil 5.2.

Es gab überwiegend Kleidung mit der wilde Tweedvariante mit vielen losen Fäden auf dem Laufsteg im Januar in London, verkauft wurde dann mehr Kleidung mit der gemäßigteren Tweedvariante. Wishing Tree Tweed wurde der Stoff genannt und da klingen die Wunschbäume in Cornwall (und sonstwo in GB) an die mit Fäden und Stoffstreifen behangen, Wünsche übertragen und Glück bringen sollen. Nun denn, wenns mir Glück bringt.

Der Schnitt ist schlicht und einfach:
körperbetontes Oberteil, Brustabnähern von der Seitennaht aus, Nähte in der hinteren Mitte und der vorderen Mitte und Reißverschluss im Rücken,
halber Ärmel, normale Form,
gemäßigter 4 Bahnenrock,  sitzt in der natürlichen Taille,
alle Teile sind quer zum Fadenlauf zugeschnitten,
die Säume sind überall ausgefranst, vollständig gefüttert mit Seide.

Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen und endlich meinen Grundschnitt erneuert. Dieses Mal habe ich als Grundlage das System von Suzy Furrer, Apparel Arts  aus Oakland genommen. Mir standen ihr Buch Building Pattern und die Kurse bei Craftsy zur Verfügung. Das hat gut geklappt.

Das Probekleid aus Nessel hat mit wenigen Modifikationen gepasst.

Der gewählte Stoff ist lose gewebt. Alle Teile werden quer zu Fadenlauf verarbeitet. Also habe ich mich beim Nähen vorsichtig vorgetastet und immer erst die Teile zugeschnitten wenn ich sie brauchte. Alle Schnittkanten habe ich knapp neben dem Verlauf der Naht zunächst mit der Nähmaschine mit einer Stütznaht versehen. Das fertige Oberteil habe ich zwei Nächte aushängen lassen bevor der Rock montiert  wurde.

Tatsächlich hatte sich das rückwärtige Oberteil um einige Zentimeter gelängt.  Erst danach habe ich die rückwärtige Mittelnaht mit einem Streifen Einlage bebügelt und den oberen Teil des Reissverschlusses angenäht. Auch der Rock wurde mehrere Tage ausgehängt und erst dann endgültig mit dem Oberteil verbunden und der Reissverschluss fertig genäht. Leider passten die Streifen nicht mehr exakt. Die Taillennaht sitzt aber ziemlich genau da wo sie sitzen soll und der Reissverschluss zeigt keine Beulen. Die Weite im Rücken ist ein perfekter Kompromiss zwischen Beweglichkeit und Faltenfreiheit.

Das ganze Kleid ist mit Seidenstoff gefüttert. Auch hier ist das Oberteil quer zum Fadenlauf verarbeitet.

 

 

Beim Rock hat der Futterstoff nicht mehr für diese Verarbeitung gereicht. Die Kanten habe ich nicht versäubert sondern nur mit der Stütznaht gesichert.

 

 

 

 

 

 

 

Die Ärmel sind nicht gefüttert und die Nähte in die den Ärmel gebügelt. So stützen die rohen Fäden die Kugel an der Schulter, fast wie ein kleiner Ärmelfisch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ganz am Schluss habe ich die Ärmelsäume, den Halsauschnitt und den Saum gerade geschnitten, in 2 cm abgenäht und dann ausgefranst. Ich bin sehr zufrieden mit dem Kleid, ein warmes schickes  Winterkleid das zudem bequem, alltagstauglich und waschmaschinenfest ist. Und es ist noch etwas Stoff übriggeblieben. Ich habe daraus einen Rock, ebenfalls aus der McQueen Kollektion nachgenäht.

 

 

 

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Design kopieren, Skirt Wishing Tree Tweed, McQueen FW 17/18

 

 

 

Bei der Aktion „Vom Laufsteg in den Kleiderschrank Nr. 5“, organisiert von Yvonne/yvonetsurreal und Monika/Wollixundstoffix, habe ich mich von der  Herbst- Winterkollektion 17/18 des Modehauses Alexander McQueen inspirieren lassen und nähe ein Tweedkleid. Nach längerer Suche habe ich einen Fancy-Tweed gefunden der meinen Ansprüchen genügt. Da ich nicht genau wusste wieviel Stoff ich benötige habe ich reichlich eingekauft. (Das fertige Kleid zeige ich am nächsten Dienstag. Dann ist Finale.)

So ist etwas Stoff übrig geblieben und vom Kunstleder des letzten schwarzen Rocks war auch noch ein Streifen da.  Ich habe also ein weiteres Kleidungsstück der Kollektion nachgenäht. Dort gibt es Röcke aus „Wishing Tree Tweed“ in ganz verschiedenen Formen.

Dieser hier wird als  Minirock und überknielang verkauft und hat mir besonders gut gefallen.

Es ist ein enger, an den Seiten und hinten eingestellter, über-knielanger  Rock. Enge Röcke nähen, das kann ich inzwischen ganz schnell und gut.

An der Wand meines Nähzimmers hängt der passende Grundschnitt der nur für das aktuelle Vorhaben modifiziert werden muss. Anpassungen sind erforderlich weil die Stoffe sich unterschiedlich dehnen.

Ich trage den neuen Rock mit einem schwarzen Pulli. Genau richtig für den frühen Herbst. Herbstmode zeigen auch die Teilnehmerinnen beim heutigen Me Made Mittwoch. Schaut hier.

Den dehnbaren, locker gewebten Stoff habe ich  ganz mit dünner Einlage beklebt. Er ist noch weich aber leiert nicht mehr so aus. Der Rockteil aus Tweed ist knielang  und zuerst verarbeitet worden. Ich habe dieses Rockteil mit seinem Futter und dem Bündchen zuerst ganz fertiggestellt. Später habe ich dann unten die Streifen aus Kunstleder aufgenäht und den Tweedstoff ausgefranst. Das Taftfutter des Rocks geht bis zum Übergang von Tweed und Kunstleder. Es gibt einen nahtverdeckten Reissverschluss und einen Knopf mit Schlinge. Hier einige Detailfotos.

Seitennaht, innen

Rockschlitz hinten

Rock unten an den Seiten einige Zentimeter eingestellt

Reissverschuss und Bundlösung

Fransen

 

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Eigene Schnitte – Rock – Abnaeher verlegen

Der Rock an der Schneiderpuppe von allen Seiten.
Die Basis ist mein Grundschnitt nach persönlichen Maßen wie in Teil 1, 2 und 3 beschrieben. Die Pappschablone dafür hängt immer neben meinem Nähtisch.

Basisrockschnitt Muster

Zuerst habe ich den Schnitt auf Packpapier kopiert. Dann wurden die Taillenabnäher verlegt. Sie gehen jetzt im Bogen von der Seitennaht Richtung hintere bzw vordere Mitte. Damit die besonderen Abnäher auch auffallen, habe ich sie mit einer roten Kunstlederpaspel versehen und um die Balance zu halten, ist der Saum auch mit dieser Paspel und Schrägband eingefasst. In der Taille gibt es kein Bündchen sondern nur einen festen Streifen Ripsband mit Haken und Öse als Verschluss . Ein unsichtbarer Reisverschluss in der hinteren Mitte und unten ein klassischer Schlitz vervollständigen den Rock. Gefüttert ist er mit normalem schwarzen Futterstoff. Hier ein paar Detailbilder und darunter demonstriere ich wie ich die Abnäher verlegt habe.

Rock Abn. Puppe hinten

Rock Abn. Puppe VorneRock Abn. Puppe Seite

 

 

 

 

 

 

Rock Abn. MaterialRock Abn. innen Taille Rock Abn. innen Saum

 

Rockblock

Es war schwierig vom Packpapierschnittmuster aussagekräftige Fotos zu machen. Ich habe deshalb ein kleines Pappkartonmodell gebaut:

Das ist das Modell des Schnittmusters ohne Nahtzugaben.

 

 

 

 

Abnaeher bereinigen und aufschneiden

Im zweiten Schritt habe ich
1. den Standort der neuen Abnäher eingezeichnet (rot gepunktet), dann
2. die Mittellinie bei den alten Abnähern eingezeichnet (rot),
3. die alten Abnäher bis zu dieser Linie verlängert (nicht verbreitert), und
4. je einen Abnäherschenkel und die neue Abnäherlinie aufgeschnitten.
! In der Mitte muss das Papier noch zusammenhalten!

 

 

Abnaeher zukleben

Danach habe ich den alten Abnäher zugeklappt. Von den Seitennähten aus entstehen so die neuen Abnäher. Gegebenenfalls die neuen Abnäher wieder einkürzen.

Die alten Abnäher habe ich mit Klebestreifen zugeklebt.
Im richtigen Schnittmuster wurden nun auch die neuen Abnäher mit Papier unterfüttert.

 

 

doch andere Abnaeher

 

 

Diese geraden Abnäher haben mir nicht gut gefallen. Ich habe deshalb die neuen Abnäher erneut verlegt. Sie sind höher angesetzt und führen im Bogen nach unten (grüne Linie).

 

 

 

neue Abnaeher

 

Technisch geht das genauso. Neue Linie bestimmen, aufschneiden, einen Schenkel des „alten“ Abnähers wieder aufschneiden, zusammenschieben und der neue Abnäher ist entstanden. Hier handelt es sich ja um eine Rundung. Die ist schwerer zu nähen, deshalb habe ich hier  Passzeichen eingesetzt.

 

Jetzt noch die Nahtzugaben einzeichnen und das Nähen kann losgehen.

Zum Schluss noch ein paar Fotos vom wirklichen Schnittmusterveränderungsprozesses:

Schnittentw. Abn. 1

Schnittentw. Abn. 2

 

Schnittentw. Abn. 3

Rock Abn. endg.

Meine Erfahrungen mit Grundschnitten

Zu Immis und meiner Reihe „Unabhängiger werden von Schnittmustern“ gehören auch Erfahrungsberichte.

Wann mein Interesse an Grundschnitten angefangen hat, dass kann ich nicht mehr so genau sagen. Sicher hat das mit den Erfahrungen zutun, dass Schnittmuster nicht gut gepasst haben und ich keine Erfahrungen mit Anpassung hatte. Schon 2010, bevor ich mit dem bloggen anfing, habe ich mit dem Vogue 1004, dem Misses‘ Fitting Shell experimentiert. Da mir aber die grundsätzlichen Vorgehensweisen und die Fachausdrücke sehr fremd waren, bin ich gescheitert. Es gab auch noch niemanden der mich hätte unterstützen können. Erst mit dem Nähnetz in Bielefeld und etwas später im Internet habe ich mir das Wissen aneignen können um mit Grundschnitten zu arbeiten.

Röcke

Allerdings habe ich schon seit dem Erscheinen des Brigittebuchs „Mode-Klassiker selber nähen, Mosaik Verlag München, 1992“ immer mal wieder enge Röcke nach persönlichem Maß selber genäht. Das war mein erster Grundschnitt. Meine handschriftlichen Notitzen in dem Buch dokumentieren wie meine Taille gewachsen ist. In den letzten Jahren habe ich das Rocksystem etwas verfeinert und auch eine mehrteilige Blogreihe dazu hier veröffentlicht.
Enge Röcke nach persönlichen Maßen, Teil 1, Teil 2, Teil 3.

Maßschnitt 6

Aus diesem Grundschnitt habe ich in der Folge verschiedenen Rockschnitte entwickelt und nach Bildern nachgenäht. Der Jeansrock nach einem Schnitt aus der La mia Boutique ist dafür ein gutes Beispiel. Im Original war der Rock nur in sehr kleinen Größen im Heft. Nach genauer Analyse konnte ich den Rock aber leicht aus dem Grundschnitt konstruieren.

Jeansrock hinten

Jeansrock technische Zeichnung

Schneiderpuppe

2011 habe ich dann mit meiner Bielefelder Nähgruppe eine Nassklebebandpuppe gebastelt. Sie tut immer noch gute Dienst und hilft bei der Arbeit an Grundschnitten.

Oberteilgrundschnitt

RIchtige Lichter sind mir aufgegangen, als ich 2013 den ersten Nähkurs meines Lebens besucht habe. In der Heide bei P. Morgenstern habe ich unter Anleitung eine Oberteilgrundschnitt und passende Ärmel konstruiert. Nebenbei habe ich überhaupt die Grundlagen der Schnittkonstruktion verstanden.

Grundschnittmuster

Und meine Fachbücher wie z. B. der Hofenbitzer wurden schlagartig verständlich. Es ist nun fast kein Problem mehr aus dem Grundschnitt Kleider zu konstruieren. Das erste dieser Art, das graue Wollkleid, wurde noch im Kurs auf der Basis eines Urlaubsfotos gemeinsam entwickelt.

Graues Wollkleid vorne

Immer wenn ich ein engeres Kleid möchte, nehme ich den Grundschnitt als Basis: das Geburtstagskleid und das kleine Schwarze sind dafür Beispiele. In beiden Fällen gab es Schnittmuster aber ich habe die Anpassung vermieden und die Linien gleich aus dem Grundschnitt entwickelt. Bei dem Geburtstagskleid (AnNÄHerungskleid 2014) habe ich mit einer Mischung aus Grundschnitt und angepasstem Burdaschnitt gearbeitet. Im oben verlinkten Blogbeitrag ist das kurz beschrieben.

Natürlich nähe ich Kleider und Blusen noch weiter nach Schnittmustern und habe dann die normale Anpassungsorgie. Das hat auch damit zutun, das einen Grundschnitt  zu besitzen ja noch nicht ein Kleid entwerfen können bedeutet.

Hosen, mehrere Varianten

Hosen waren für mich eine echte Hürde. Insbesondere die Linien zwischen den Beinen am Bauch und am Rücken haben mir sehr viel Mühe gemacht. Zuerst erfolgreich war ich mit dem Nachkonstruieren und Weiterentwickeln eines Schnittes für eine weiten Hose.

OWOP 5

Der Schnitt ist mein Lieblingskaufschnitt gewesen und es gab einige fast aufgetragene Hosen, die ich auseinanderschneiden konnte.  Mein Ziel war aber zusätzlich eine normale Basishose. Zu meinem 60’sten Geburstag habe ich von Freunden und der Familie einen Grundschnittkurs für Hosen in Düsseldorf geschenkt bekommen und dort die ersten Schritte zur Konstruktion einer Hose gelernt. Mit der Hilfe von Julia ist der Schnitt dann noch einmal wesentlich verbessert worden und nun die Basis für normale Hosen.

Hose 1. echte hinten

Bei den Hosen habe ich allerdings auch ganz erfolgreich mit Schnittmustern gearbeitet. Beim Jeans Nähen mit  Ginger und Petite Plus Jeans 605 habe ich auf meine Erfahrungen bei der Arbeit mit dem Hosengrundschnitt profitiert.

Strickstoffe, Oberteilgrundschnitt

Passende T-Shirts nähe ich nach dem ich einen Onlinegrundkurs von Craftsy durchgearbeitet habe. Das Ergebnis ist ein Grundschnitt für T-Shirts. auf den ich jetzt vielfältige Variationen aufsetzten kann. Demnächst werde ich ausführlich zeigen wie auf der Basis des T-Shirts ein Strickkleid mit Wasserfallausschnitt konstruiert wird.

Shirt 14

Jackets, die Zukunft

Jackets nähen ist mein nächstes Ziel. Jackets sollen es sein mit dem klassischen Unterbau und Schulterpolstern und Vorderteilbelegen und allem was dazu gehört. Ein zweiter Kurs in der Heide zu diesem Thema ist gebucht. Ich erhoffe mir einen Grundschnitt den ich umfänglich variieren kann. Darüber werde ich berichten. Naturlich kann man aus einem Oberteilgrundschnitt auch einen Jacken oder Mantelschnitt entwickeln. Ich bin aber keine Fachkraft. Ich habe das nicht gelernt und so bin ich froh noch mal in die „Schule“ gehen zu können und mit einer Expertin mein Wissen zu erweitern.

 

Unabhängiger werden von Schnittmustern Teil 1 – Grundschnitte

Grundschnitt
    

Was ist das?

Einen passenden Grundschnitt zu besitzen ist für die Hobbyschneiderinnen häufig ein heißer Wunsch. Besonders dann, wenn sie keine Norm-Figur haben und bei vorgefertigten Schnittmustern viel anpassen müssen.

Der Ur-Grundschnitt ist die zweidimensionale Abbildung des eigentlich dreidimensionalen Körpers. Wenn er auf Stoff übertragen wird, dann passt er exact ohne weitere Anpassungen. Allerdings ist er nicht tragbar. In ihm kann sich nicht bewegt werden. Sowohl im englischen als auch im deutschen gibt es keinen extra Begriff für so eine Moulage – weshalb wir hier auf das französische Wort ausweichen. Ein alter Ausdruck aus dem Schneidergewerbe ist Futtertaille.

Für ein einigermaßen bequemes Kleidungsstück wird Zugabe erforderlich; einige Zentimeter Stoff an unterschiedlichen Stellen, die die Bewegung des Körpers erlauben. Der Fachausdruck dieses ‚Mehr‘ ist  Bewegungszugabe (englisch: functional ease). Leicht vorstellbar ist das, wenn man sich vor Augen führt, dass der Bauchumfang beim Sitzen wächst und dass mehr Stoff unter der Achsel benötigt wird, wenn man den Arm über den Kopf heben will. Eine Moulage plus Bewegungszugabe ist dann der eigentliche Grundschnitt (englisch: sloper, basic block) der als Basis für viele verschiedene Modellschnitte dient.

Allein durch die  Verlegung der Abnäher lassen sich die unterschiedlichsten Designs gestalten. Häufig wird zu gestalterischen Zwecken aber auch Stoff hinzugefügt. Hier kommt also eine weitere Zugabe ins Spiel: Die Designzugabe (englisch: design ease). Aus dem engen Rockgrundschnitt wird durch Zugabe von etwas mehr Stoff ein A-Linien Rock oder durch Zugabe von ganz viel Stoff ein Tellerrock. Der Modellschnitt ist entstanden. Einen schönen Überblick über diese Zugaben und ihre Funktion findet ihr hier bei ‚Professor Nadelkissen‘.

Wie kommt man zu einem Grundschnitt?

Wir kennen grundsätzlich zwei Wege für die systematische Erstellung eines Grundschnittes: Das Modellieren (draping) oder die Schnittkonstruktion n. Maß auf dem Papier (pattern making).
Beide Techniken greifen in der Praxis allerdings ineinander. Wer einen Schnitt am Körper modelliert (absteckt) wird ihn anschließend auf Papier übertragen wollen, und umgekehrt wird ein auf der Fläche  entworfener Schnitt immer noch durch Abstecken am Körper angepasst werden müssen.

Das Draping wollen wir in unserem Thema ‚Unabhängiger werden von Schnittmustern‘ nicht eingehender behandeln. An dieser Stelle dennoch ein Beispiel-Link zur Veranschaulichung:

university of fashion-draping

Für die Schnittkonstruktion nach Maß gibt es weltweit sehr viele verschiedene Lehrsysteme.

  • Wer gerne aus Büchern lernt und die Deutsche Sprache bevorzugt, dem empfehlen wir:

Hofenbitzer, Bekleidung Schnittkonstruktion für Damenmode
Gilewska, Schnittkonstruktion in der Mode

  • Online gibt es bislang keine deutschsprachigen Kurse. Aber die englischsprachigen
    Craftsy Kurse sind auch bei mittleren Sprachkenntnissen sehr zu empfehlen, so wie beispielsweise das Angebot von

Suzy Furrer

    • Und man kann sich helfen lassen! So kann man sich beispielsweise in einem Schneideratelier einen Grundschnitt erstellen lassen. Das Atelier ist dann oft auch behilflich bei der Anpassung. Ein großer Vorteil!
    • Eine weitere Möglichkeit sind Konfektions-Grundschnitte von Schnittmusterfirmen: So bieten beispielsweise Vogue  Pattern, Butterick und McCalls Basis-Grundschnitte (Fitting  Shell  pattern) an,  und leiten dazu an, diese indivuduell anzupassen.
    Keinen passablen Grundschnitt bekommt man in der Regel bei diesen Onlineschnittmanufakturen. Das Internet ist voll von unzufriedenen Kundinnen. Je weniger persönliche Messdaten als Grundlage für den Schnitt benötigt werden, umso mehr orientiert sich die Software an üblichen Durchschnitten, und umso unbefriedigender das Ergebnis für die individuelle Figur.
            In diesem Zusammenhang sei aber noch das Angebot des Pattern Maker Programms erwähnt. Pattern Maker ist eigentlich eine Schnittmustersoftware für kleine und mittlere Hersteller Firmen. Mir ihr kann sich aber auch die Hobbyschneiderin kostenlos (!) einen persönlichen Grundschnitt nach Maß erstellen lassen.

Patternmaker amerikanische Seite

Patternmade4you europäische Seite

Geht es auch einfacher?
  • Wenn man sich schon mal ein engeres Kleid genäht hat (wenig Bewegungszugabe!) dann hat man einen ‚versteckten‘ Grundschnitt. Um auf den klassischen Grundschnitt zurückzuführen, braucht es dann oft nur noch wenig; das Anzeichnen des engeren Halslochs, oder die Verkleinerung des erweiterten Armlochs z.B..
  • Und wer einen gut sitzenden Bleistiftrockschnitt hat, der hat die perfekte Basis um daraus viele Rockformen zu entwickeln.
  • Für einen Hosengrundschnitt empfiehlt es sich eine vorhandene gut sitzende Hose auseinander zu schneiden um den Schnitt abzunehmen. Hier spart man sich alle Arbeitsschritte der Konstruktion und hat die erste Anprobe sozusagen auch schon fertig.

Gekaufte Schnittmuster und der persönliche Grundschnitt. Was ist damit?

Alle Schnittmusterfirmen haben als Grundlage für ihre Schnitte eine Musterfigur mit festgelegten Körpermassen, Längenmaßen und Umfängen und einer definierten BH Körbchengröße. Die Maße für jede Kleidungsgröße findet man in den jeweiligen Maßtabellen. Die befinden sich in der Regel auf den Internetseiten und häufig auch noch mal auf den Schnittmusterunterlagen aus Papier. Die Maße in den Tabellen entsprechen den Modellmaßen ohne Zugaben. Die drei großen amerikanischen Schnittmusterverlage und manche der Kleinen vermerken auf den Schnittmustern dann noch die tatsächlichen Maße (incl. Bewegungs- und Designzugaben). Das ist ein hilfreicher Service. Aber immer wieder auch die Ursache für Ärger, wenn die Designerzugabe z.B. nicht den Vorstellungen der Kundin entspricht oder das Modell (Zeichnung oder Photo) in die Irre führt. die drei großen amerikanischen Schnittmusterfirmen und Burda unterscheiden sich in ihren Maßtabellen nicht sehr.

Ganz anders ist das bei den unabhängigen kleinen Schnittmusterverlagen. Die finden ihre Nischen genau in dieser Abgrenzung. Da gibt es Schnittmuster für typische Birnenformen oder solche für Frauen mit größeren Brüsten als einem B-Körbchen.

Ein Grundschnitt? Mehrere Grundschnitte???

Schon weit kommt man mit drei Grundschnitten: Einem Oberteilgrundschnitt mit passendem Ärmel, einem Rockgrundschnitt und einem Hosengrundschnitt. Oberteil- und Rockgrundschnitt zusammengefügt ergeben ein Kleid. Sinnvoll ist es auch, diese Grundschnitte nicht nur für Webstoff, sondern ebenfalls für Jersey bzw. Stretch anzupassen. Notwendig ist das denn Strick- und Webstoffe haben unterschiedlichen Eigenschaften. Für Strickstoffe wird in der Regel viel weniger Bewegungszugabe benötigt und manche Abnäher sind überflüssig denn der Stoff passt sich dem Körper besser an.

Gute Grundschnitte sind allerdings noch keine Garantie für den perfekten Sitz. Jeder Stoff verhält sich anders. Alle Stoffe sind mehr oder weniger flexibel in der Fläche. Das hängt mit den verwendeten Fasern und der Web- bzw. Wirkart zusammen.

Immer wird es eine Feinanpassung bei der Anprobe des fast fertigen Kleidungstücks geben müssen.

Und wie geht es weiter?

Wir, Mema und Immi haben beide in den letzten Jahren Grundschnitte konstruiert und daraus Kleidungsstücke entwickelt. Und wir haben die Grundschnitte auch als Referenzobjekte für die Anpassung beim Nähen nach kommerziellen Schnittmustern genützt. Ein gut sitzender Ärmel und das dazu passende Armloch z.B. können gegebenenfalls einfach übertragen werden.

In den nächsten Monaten wollen wir zeigen wie wir das gemacht haben. Und wir hoffen auf eure Beteiligung damit wir uns austauschen können.

Wie sind eure Erfahrungen? Habt ihr einen Grundschnitt für euch aufgestellt und damit gearbeitet? Nützt ihr passende Schnittmuster oder Teile davon um Schnitte anzupassen? Wir sind sehr gespannt auf eure Beiträge!

Bitte gebt uns per Kommentarfunktion kurz Bescheid wenn ihr etwas zum Thema gebloggt habt. Immi und ich werden alle Links sammeln und hier listen.

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