Unabhängiger werden von Schnittmustern Teil 2 – Abnähermanipulation

Immi und ich brauchten eine Woche länger um den zweiten Beitag zu „Unabhängiger werden von Schnittmustern“ zu verfassen. Dieses Mal geht es um Röcke und verschiedene Möglichkeiten.

Ich glaube, mit dem Römö-Rock fing es bei mir an. Vor einiger Zeit haben viele Frauen ihn genäht, er wurde heiß geliebt. Ich habe mich gefragt, was hat der da für merkwürdige Nähte oben parallel zur Taille? Deko? Konstruktionsbedingt?

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RÖMÖ von Schnittreif / Farbenmix

Erst allmählich habe ich verstanden , dass das die Taillenabnäher sind. Genau so ist es. Alleine durch die Verlegung der Taillenabnäher bei einem Basisrock lassen sich schon viele interessante Effekte erzielen.

Hier einige Beispiele:

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Burda 133b November 2013

 

 

 

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Abnäher werden benötigt, um die weibliche kurvige Figur nachzuzeichnen. Lage, Länge und Tiefe der Abnäher entscheiden häufig über den guten Sitz eines Kleidungsstücks. Sie haben aber auch nicht zu unterschätzende Funktionen für das Design. Besonders aus den 40er und 50er Jahren gibt es fantastische Beispiele für fantasievolle Gestaltung der Abnäher.

Abnäher lassen sich fast beliebig verschieben oder besser, um den höchsten Punkt rotieren. Ist das Prinzip verstanden, läßt sich der Vorgang ziemlich einfach bewerkstelligen.

Abnäher lassen sich auch wegkonstruieren, zudrehen nennt das die Fachfrau. Michou hat das im vorletzten Jahr auf ihrem Blog hier sehr einleuchtend gezeigt.

Die Konstruktion eines Basisrockschnitts ist relativ einfach und im Netz und vielen Büchern finden sich gute Anleitungen. Hier in diesem Blog habe ich auch eine dreiteilige Anleitung veröffentlicht (hier, hier und hier). Auf dieser Basis gelingte es dann in kurzer Zeit eigenen Modellvorstellungen zu folgen oder ein einmal gesehenes Modell nachzubauen.

Rock Abn. Puppe SeiteLetztens habe ich bei einem geraden Rock die Taillenabnäher in der Art des RÖMÖ Rocks verschoben und mit roten Kunstlederpaspeln betont. Hier, in diesem gesonderten Post, kann der Prozess der Konstruktion nachvollzogen werden.

Rock Abn. Puppe VorneRock Abn. Puppe hinten

Es lohnt sich mit Abnähermanipulation zu experimentieren. Da kommen immer wieder überraschende Ergebnisse raus. Und viel Schnittmuster leben von dieser Art der Anpassung.

Auch mein Jeansrock  hier ist im Grundsatz ein normaler enger Rock mit Reißverschluss wie bei Hosen im Vorderteil.

MMM Details Italienischer RockDer vordere Abnäher verschwindet in der SeiteMMM Italienischer Rock hintenntasche. Bei genauem Hinsehen erkennt man das. Hinten ist das Schnittmuster in einer Kurve durchgeschnitten. Dann wurde der hintere Abnäher in die gewünschte Kurve verlegt.  Um die Weite unten zu erzeugen sind noch Keile / Godets eingesetzt worden. Sie ersetzen den sonst oft üblichen Schlitz.  Alles also kein Hexenwerk.

Nur Mut. Wir sind auf eure Rückmeldungen und Bericht zu euren Experimenten sehr gespannt und setzen Links zu euren Beiträge hier unter unsere Posts.

Teil 3 ist für Anfang Dezember geplant.

Eigene Schnitte – Rock – Abnaeher verlegen

Der Rock an der Schneiderpuppe von allen Seiten.
Die Basis ist mein Grundschnitt nach persönlichen Maßen wie in Teil 1, 2 und 3 beschrieben. Die Pappschablone dafür hängt immer neben meinem Nähtisch.

Basisrockschnitt Muster

Zuerst habe ich den Schnitt auf Packpapier kopiert. Dann wurden die Taillenabnäher verlegt. Sie gehen jetzt im Bogen von der Seitennaht Richtung hintere bzw vordere Mitte. Damit die besonderen Abnäher auch auffallen, habe ich sie mit einer roten Kunstlederpaspel versehen und um die Balance zu halten, ist der Saum auch mit dieser Paspel und Schrägband eingefasst. In der Taille gibt es kein Bündchen sondern nur einen festen Streifen Ripsband mit Haken und Öse als Verschluss . Ein unsichtbarer Reisverschluss in der hinteren Mitte und unten ein klassischer Schlitz vervollständigen den Rock. Gefüttert ist er mit normalem schwarzen Futterstoff. Hier ein paar Detailbilder und darunter demonstriere ich wie ich die Abnäher verlegt habe.

Rock Abn. Puppe hinten

Rock Abn. Puppe VorneRock Abn. Puppe Seite

 

 

 

 

 

 

Rock Abn. MaterialRock Abn. innen Taille Rock Abn. innen Saum

 

Rockblock

Es war schwierig vom Packpapierschnittmuster aussagekräftige Fotos zu machen. Ich habe deshalb ein kleines Pappkartonmodell gebaut:

Das ist das Modell des Schnittmusters ohne Nahtzugaben.

 

 

 

 

Abnaeher bereinigen und aufschneiden

Im zweiten Schritt habe ich
1. den Standort der neuen Abnäher eingezeichnet (rot gepunktet), dann
2. die Mittellinie bei den alten Abnähern eingezeichnet (rot),
3. die alten Abnäher bis zu dieser Linie verlängert (nicht verbreitert), und
4. je einen Abnäherschenkel und die neue Abnäherlinie aufgeschnitten.
! In der Mitte muss das Papier noch zusammenhalten!

 

 

Abnaeher zukleben

Danach habe ich den alten Abnäher zugeklappt. Von den Seitennähten aus entstehen so die neuen Abnäher. Gegebenenfalls die neuen Abnäher wieder einkürzen.

Die alten Abnäher habe ich mit Klebestreifen zugeklebt.
Im richtigen Schnittmuster wurden nun auch die neuen Abnäher mit Papier unterfüttert.

 

 

doch andere Abnaeher

 

 

Diese geraden Abnäher haben mir nicht gut gefallen. Ich habe deshalb die neuen Abnäher erneut verlegt. Sie sind höher angesetzt und führen im Bogen nach unten (grüne Linie).

 

 

 

neue Abnaeher

 

Technisch geht das genauso. Neue Linie bestimmen, aufschneiden, einen Schenkel des „alten“ Abnähers wieder aufschneiden, zusammenschieben und der neue Abnäher ist entstanden. Hier handelt es sich ja um eine Rundung. Die ist schwerer zu nähen, deshalb habe ich hier  Passzeichen eingesetzt.

 

Jetzt noch die Nahtzugaben einzeichnen und das Nähen kann losgehen.

Zum Schluss noch ein paar Fotos vom wirklichen Schnittmusterveränderungsprozesses:

Schnittentw. Abn. 1

Schnittentw. Abn. 2

 

Schnittentw. Abn. 3

Rock Abn. endg.

MMM – Jeans Spezial

Heute geht es um Jeans und das erinnert mich daran, dass ich immer noch mal ein Post zu Denim Stoff schreiben wollte. Denim ist ein sehr besonderer Stoff und er hat sich in den letzten Jahrzehnten mit der Möglichkeit Elastan einzuweben sehr verändert. Ich persönlich bin da ambivalent. Jeansstoff, mit Elastan verwebt, ist sehr bequem, aber er altert nicht  so chic. Und deshalb gibt es eine Vielzahl von, überwiegend für die Arbeiter, sehr ungesunden Methoden der künstlichen Alterung der Kleidungsstücke. Mir gefällt diese künstliche Alterung nicht. Der feste Baumwoll – oder Hanfjeansstoff altert zwar, ist aber nicht so gemütlich und viel schwieriger an den Körper anzupassen. Und es gibt Ideologien darüber wie diese Hosen am schönsten alt getragen werden………… So weit die Theorie für jetzt. Der Rest kommt irgendwann.

MMM Details Italienischer Rock

Heute trage ich draußen meinen italienischen Jeansrock. Ich habe ihn aus meinem Rockgrundschnitt mit der Inspiration der Zeitschrift „Meine Boutique 2. 2014“ nachkonstruiert. Daran geübt habe ich die typischen Zeichen für echte Jeanshosen. Der Stoff ist ein schwerer (ich denke 15 oz) Baumwollstoff.  Ich trage den Rock gerne und er altert tatsächlich ein wenig so wie ich es möchte. Passend dazu gibt es ein rot blau gestreiftes T-Shirt (TNT Schnitt) mit langem Arm und U-Bootausschnitt.

MMM Italienischer Rock hinten

Gestern war ich Pullis kaufen und fand diese rote Michelin Männchen Jacke. Und es ist passierte was immer passiert, wenn ich so rote Oberteile anhabe. Es gibt ungefragte, positive und überraschende Komplimente. Ich habe diese Jacke also gekauft und finde sie jetzt wunderbar leicht, rot, prominent und warm. Kombiniert habe ich heute dazu ein altes Geschenk meines Mannes, einen Seidenschal.

Und welche Geschichten erzählen die anderen MMM Frauen am heutigen Mittwoch. Schaut es hier nach.

MMM Italienischer Rock 1

4,5 Tage Weiterbildung – Blazerkonstruktion bei P. Morgenstern

Eines meiner Langzeitnähziele ist die Herstellung eines dieser zeitlosen, für meine Generation typischen Ensemble:
Jeans, langsam verwaschend und zunehmend an meinen Körper angepasst plus
weißes Hemd, bei Frauen Bluse genannt sowie ein
lässiges Jacket in blau oder schwarz mit Innentaschen an den richtigen Stellen.

Ich bin da auf einem guten Weg. Den größten Schulungsbedarf habe ich im Nähen von Jackets. Die Wahl der Einlagen, die unterschiedlichen Schnittteile, Rollweite, unfallfreies Einnähen von Futter, all das kann ich nur laienhaft. Immer habe ich den Eindruck, da muss ich doch noch mehr wissen um das gut zu machen!! Und als das Atelier Peggy Morgenstern mir vorvorletzten Monat meldete, daß im entsprechenden Kurs noch Plätze für Oktober frei wären, habe ich kurzentschlossen zugegriffen. Den ersten Kurs Grundschnittkonstruktion vom Oktober 2013 hatte ich in sehr guter Erinnerung. Er hatte mich nähtechnisch sehr viel weiter gebracht.

PM 2 : 2

Und das Atelier bietet eine für mich optimale Lernumgebung. Die Kurse haben jeweils maximal 4 Teilnehmende, jede hat einen eigenen großen Arbeitstisch mit allen benötigten Materialien, alle nötigen Stoffe werden gestellt.  Konkrete Übungen auf Papier und mit Stoff wechseln sich ab mit theoretischem Unterricht an der Tafel. Am Ende verfügt man über eine Sammlung aussagekräftiger Unterrichtsmaterialien, Arbeitsproben, Anleitungen etc. Und das Preis Leistungverhältnis ist sehr angemessen. 390 € für mehr als 33 Unterrichtstunden incl. Sachkosten und Mittagessen, für berufliche Fortbildungen im sozialen und ökonomischen Bereich habe ich früher oft das Doppelte bezahlen müssen. Der Seminarort liegt in der Lüneburger Heide vor den Toren von Lüneburg. Es scheint kein Problem zu sein mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Lüneburg aus nach Kirchgellen zu kommen. Fußläufig gibt es von früheren Teilnehmerinnen geprüfte Pensionen, die für 20 – 30 € Übernachtungen anbieten. Alle diese Informationen findet man auf der Seite der Kursleiterin.

PM 2 : 1

Auch dieses Mal waren die 4,5 Tage sehr anregend, intensiv und auch anstrengend und anregend. Peggy Hasselman ist für mich eine gute Lehrerin. Klar, direkt da wo nötig, und sehr fokussiert, darauf jeder das zu zeigen, was sie braucht. Ich schätze die gemeinsame Beratung der Arbeitsergebnisse der einzelnen Teilnehmerinnen sehr, ich lerne dabei, Stoffe und Schnitte noch besser zu verstehen und wie ich Verbesserungsmöglichkeiten bei Kleidungsstücken sehen kann: warum gibt es diese Falte und was ist dagegen zu tun oder auch nicht zu tun, denn diese Reserve wird für die Bequemlichkeit genötigt.  Warum sind Schulterpolster wichtig und wann geht es auch ohne usw.

Dieser Blazerkurs ist ein Spezialkurs , Erfahrungen in Schnittkonstruktion sind Voraussetzung für die Teilnahme und auch wirklich unbedingt erforderlich. Beim ersten Kurs habe ich ein wenig mit der Materie gekämpft. Der Umgang mit dem Geodreieck, Winkel auftragen, Punkte spiegeln oder in der richtigen Weise verbinden, dieses Mal fiel mir das nicht mehr schwer, da ich zwischendurch immer mal wieder Schnittkonstruktion geübt hatte. Im Kurs selber bekommt jede die Hilfe, die sie braucht. Niemand muss sich vor dem Theoretischen fürchten. Die Balance zwischen Theorie und Praxis ist ausgeglichen und ergänzt sich. Hausaufgabe PM

Ich bin mit einer frisch genähten Nesselprobe meines Oberteilgrundschnitts von 2013 angereist und auch mit einigen Fragen, die sich mir in den letzten 2 Jahren damit gestellt haben. Und genau das war die erste Schulungseinheit. die Anpassung  des Grundschnitts und die Diskussion über Stoffwahl, seine Eigenschaften und die nötige Bequemlichkeitszugabe.

Dann kamen Übungen zur Verlegung von Abnähern und die erste persönliche Modellentwicklung. Vier Frauen vier verschiedene Modelle! Welche Belege braucht das Modell, wie sieht der Futterschnitt aus, Rollweite, verschiedene Nahtzugaben, welche Einlagen sind wo sinnvoll…….. Dann wurde das Modell genäht und die Nesselprobe angepasst. Am Ende hat jede von uns einen perfekten Schnitt, den sie nur noch aus dem Stoff ihrer Wahl nähen muss.

Dann geht es weiter. Flankennaht, Seitenabtrennung, die Konstruktion des Reverskragen und Ableitungen davon wie z. B. der Schalkragen, modische Diskussionen über die Ausgestaltung des Revers (der Schnabel – Kragenabstich und Reversabstich – und wie sie zueinander stehen) und die Breite und die Länge des Revers und wie alles verändert werden kann und der Futterschnitt und wie er eingenäht wird, der Einnahtärmel und daraus den Zweinahtärmel und dann die Futterschnitte dazu und natürlich wieder die Rollweite und wie das mit dünnen und mit dicken Oberarmen gehen kann und wie man die Herausforderung des Einnähens bewältigt.

Dann die zweite, anspruchsvollere Modellentwicklung. Ich entscheide mich für das Modell des Blazers, den ich schon lange nähen will. Ein Basismodell mit Taillenabtrennung ohne Seitennähte und mit Schlitz im Rücken. Natürlich bekomme ich auch die Arbeiten der anderen drei Teilnehmerinnen mit. Hier lerne ich nebenbei etwas über Blazer und Strickstoff bzw. elastische Stoffe und ihre besonderen Bedingungen.

PM Modell 2

Am Ende wird die Zeit knapp. Ich schaffe es noch eine Probe aus Nessel zu nähen und nehme die gesteckten Veränderungen mit. Den Rest sollte ich jetzt wohl alleine schaffen.

Mich hat auch dieser Kurs beflügelt. Ich habe den Eindruck, dass ich jetzt wieder eine Weile alleine weitermachen kann. Ich will alles das üben was ich gelernt habe. Und, falls jemand mich fragen sollte, ja, diese Kurse sind sehr zu empfehlen. Und wenn sich wieder mal die Gelegenheit ergibt: da wird auch ein interessanter Kurs in Drapagetechnik angeboten, 2017 vielleicht.

Schnittteile Muster arbeitsschritte

Winterjacken SEW Along – zweiter Zwischenstand

Den ersten Zwischenstand habe ich übersprungen. So weit bin ich jetzt:

Mantel Hahnentritt Projektkasten

Der Stoff liegt immer noch in der Projektbox und es ist ein Futter dazu gekommen; mit der Einwebung eines Teils des Berliner Stadtplans. Sehr hilfreich wenn ich mich mal wieder in Berlin verlaufe.

Futter Mantel Hahnentritt

Nun, der Sew Along geht ja noch zwei Wochen. Ich bin voller Zuversicht, dass am Ende ein tragbarer Mantel herauskommt. Allerdings beschleichen mich manchmal Zweifel ob so ein dominantes Muster im Stoff eine gute Wahl ist.

Die Projekte der anderen Teilnehmerinnen sind schon viel weiter fortgeschritten. Schaut mal hier. Und, wenn jemand sich mit Paspelknöpfen herumschlägt, die Anleitung von Meike ist zu empfehlen, berücksichtigt sie doch auch was man dann an der Stelle mit dem Futter macht.