Meine Erfahrungen mit Grundschnitten

Zu Immis und meiner Reihe „Unabhängiger werden von Schnittmustern“ gehören auch Erfahrungsberichte.

Wann mein Interesse an Grundschnitten angefangen hat, dass kann ich nicht mehr so genau sagen. Sicher hat das mit den Erfahrungen zutun, dass Schnittmuster nicht gut gepasst haben und ich keine Erfahrungen mit Anpassung hatte. Schon 2010, bevor ich mit dem bloggen anfing, habe ich mit dem Vogue 1004, dem Misses‘ Fitting Shell experimentiert. Da mir aber die grundsätzlichen Vorgehensweisen und die Fachausdrücke sehr fremd waren, bin ich gescheitert. Es gab auch noch niemanden der mich hätte unterstützen können. Erst mit dem Nähnetz in Bielefeld und etwas später im Internet habe ich mir das Wissen aneignen können um mit Grundschnitten zu arbeiten.

Röcke

Allerdings habe ich schon seit dem Erscheinen des Brigittebuchs „Mode-Klassiker selber nähen, Mosaik Verlag München, 1992“ immer mal wieder enge Röcke nach persönlichem Maß selber genäht. Das war mein erster Grundschnitt. Meine handschriftlichen Notitzen in dem Buch dokumentieren wie meine Taille gewachsen ist. In den letzten Jahren habe ich das Rocksystem etwas verfeinert und auch eine mehrteilige Blogreihe dazu hier veröffentlicht.
Enge Röcke nach persönlichen Maßen, Teil 1, Teil 2, Teil 3.

Maßschnitt 6

Aus diesem Grundschnitt habe ich in der Folge verschiedenen Rockschnitte entwickelt und nach Bildern nachgenäht. Der Jeansrock nach einem Schnitt aus der La mia Boutique ist dafür ein gutes Beispiel. Im Original war der Rock nur in sehr kleinen Größen im Heft. Nach genauer Analyse konnte ich den Rock aber leicht aus dem Grundschnitt konstruieren.

Jeansrock hinten

Jeansrock technische Zeichnung

Schneiderpuppe

2011 habe ich dann mit meiner Bielefelder Nähgruppe eine Nassklebebandpuppe gebastelt. Sie tut immer noch gute Dienst und hilft bei der Arbeit an Grundschnitten.

Oberteilgrundschnitt

RIchtige Lichter sind mir aufgegangen, als ich 2013 den ersten Nähkurs meines Lebens besucht habe. In der Heide bei P. Morgenstern habe ich unter Anleitung eine Oberteilgrundschnitt und passende Ärmel konstruiert. Nebenbei habe ich überhaupt die Grundlagen der Schnittkonstruktion verstanden.

Grundschnittmuster

Und meine Fachbücher wie z. B. der Hofenbitzer wurden schlagartig verständlich. Es ist nun fast kein Problem mehr aus dem Grundschnitt Kleider zu konstruieren. Das erste dieser Art, das graue Wollkleid, wurde noch im Kurs auf der Basis eines Urlaubsfotos gemeinsam entwickelt.

Graues Wollkleid vorne

Immer wenn ich ein engeres Kleid möchte, nehme ich den Grundschnitt als Basis: das Geburtstagskleid und das kleine Schwarze sind dafür Beispiele. In beiden Fällen gab es Schnittmuster aber ich habe die Anpassung vermieden und die Linien gleich aus dem Grundschnitt entwickelt. Bei dem Geburtstagskleid (AnNÄHerungskleid 2014) habe ich mit einer Mischung aus Grundschnitt und angepasstem Burdaschnitt gearbeitet. Im oben verlinkten Blogbeitrag ist das kurz beschrieben.

Natürlich nähe ich Kleider und Blusen noch weiter nach Schnittmustern und habe dann die normale Anpassungsorgie. Das hat auch damit zutun, das einen Grundschnitt  zu besitzen ja noch nicht ein Kleid entwerfen können bedeutet.

Hosen, mehrere Varianten

Hosen waren für mich eine echte Hürde. Insbesondere die Linien zwischen den Beinen am Bauch und am Rücken haben mir sehr viel Mühe gemacht. Zuerst erfolgreich war ich mit dem Nachkonstruieren und Weiterentwickeln eines Schnittes für eine weiten Hose.

OWOP 5

Der Schnitt ist mein Lieblingskaufschnitt gewesen und es gab einige fast aufgetragene Hosen, die ich auseinanderschneiden konnte.  Mein Ziel war aber zusätzlich eine normale Basishose. Zu meinem 60’sten Geburstag habe ich von Freunden und der Familie einen Grundschnittkurs für Hosen in Düsseldorf geschenkt bekommen und dort die ersten Schritte zur Konstruktion einer Hose gelernt. Mit der Hilfe von Julia ist der Schnitt dann noch einmal wesentlich verbessert worden und nun die Basis für normale Hosen.

Hose 1. echte hinten

Bei den Hosen habe ich allerdings auch ganz erfolgreich mit Schnittmustern gearbeitet. Beim Jeans Nähen mit  Ginger und Petite Plus Jeans 605 habe ich auf meine Erfahrungen bei der Arbeit mit dem Hosengrundschnitt profitiert.

Strickstoffe, Oberteilgrundschnitt

Passende T-Shirts nähe ich nach dem ich einen Onlinegrundkurs von Craftsy durchgearbeitet habe. Das Ergebnis ist ein Grundschnitt für T-Shirts. auf den ich jetzt vielfältige Variationen aufsetzten kann. Demnächst werde ich ausführlich zeigen wie auf der Basis des T-Shirts ein Strickkleid mit Wasserfallausschnitt konstruiert wird.

Shirt 14

Jackets, die Zukunft

Jackets nähen ist mein nächstes Ziel. Jackets sollen es sein mit dem klassischen Unterbau und Schulterpolstern und Vorderteilbelegen und allem was dazu gehört. Ein zweiter Kurs in der Heide zu diesem Thema ist gebucht. Ich erhoffe mir einen Grundschnitt den ich umfänglich variieren kann. Darüber werde ich berichten. Naturlich kann man aus einem Oberteilgrundschnitt auch einen Jacken oder Mantelschnitt entwickeln. Ich bin aber keine Fachkraft. Ich habe das nicht gelernt und so bin ich froh noch mal in die „Schule“ gehen zu können und mit einer Expertin mein Wissen zu erweitern.

 

14 Gedanken zu „Meine Erfahrungen mit Grundschnitten

  1. Gerlinde

    Danke auch von mir, obwohl ein absolutes Nix gegen Dein (und viiieler Anderer) Koennen!
    Ich weiss ja nicht, ob’s erwuenscht/erlaubt* ist, aber da ist’n ’neues Kind‘ auf Net, was da evtl. aufgrund ihres Koennens/Vergangenheit der Ein oder Anderen vielleicht auch helfen koennte/wuerde (= Kontakten moeglich?): https://remakeremodelrecycle.wordpress.com

    LG, Gerlinde

    * Beim Naehen bin ich jedoch gruuuundsaetzlich f. ‚verstoepseln’/miteinander Bekanntmachen, da einfach niiiie zuuu viel zum Noch-Lernen – sorry! Plus mitunter ‚eigene Bande‘ in vereinender Denkweise 😉 !

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  2. viliene

    Liebe Mema,
    vielen Dank für Deine hilfreichen Texte. Ich finde, dass man gerade mit einer Figur, die nicht Standard ist, Anpassungsmarathons läuft. Deswegen liebäugle ich inzwischen auch mit Grundschnitten.
    Ich habe mir für Jackets mal einen Burda Maßschnitt gegönnt und es nicht selber gemacht (zu wenig Zeit), mit „shoulder princess“, der mir das Jacketnähen so einfach macht. Den möchte ich nun variieren. Und einen Grundschnitt für Blusen erstellen. Dann bleibt wieder keine Zeit zum Bloggen oder selbst etwas vorstellen. Na ja, vielleicht später. Ich freue mich jedenfalls sehr über das Thema, denn lieber weniger Kleider aber dafür eine hervorragende Passform.
    Liebe Grüße
    Viliene

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  3. Pingback: Unabhängiger werden von Schnittmustern Teil 1 – Grundschnitte | mema

  4. Mema Beitragsautor

    Liebe Julia,
    zu Mrs. Stylebook habe ich wenig im Netz gefunden. Das interessiert mich sehr. Magst du mir einen Link dazu schicken bitte. Auch das Thema mit den Styles und Linien durch die Jahrzehnte ist interessant. Mein Auge ist da wenig geübt. Schönen Sonntag Mema

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    1. sewing galaxy

      Liebe Mema,
      die Stylebooks sind 4-5 mal /pro jahr mit neuen Ausgabe im handel. ich kaufe sie bei ebay oder etsy oder lasse mir durch eine bekannte direkt aus Japan kommen. sie sind etwas teuer für unseren begriff,was ein magazin kosten kann, ist aber jeden cent wert.
      ich habe so einige peu-á-peu aus dem russischen netz gesammelt. vor kurzem fand ich auchn links in einem chinesischen netz. cih schicvke dir den rest privat per email zu.
      liebe grüße
      Julia

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  5. sewing galaxy

    ich ahbe heute mir gedanbken über die grundschnitte gemacht.
    dabei ist mir klar geworden, dass ich kaum jemals nur einen gedanken dran verschwendet habe, grundsätzlich nach einem system etwas aufzubauen. meinen ersten grundshcnitt erstellte ich in der schule. über die passform aus heutiger sicht kann ich leider nicht mehr urteilen.
    später musste ich die schnitte abwandeln,aber es gab damals bestimmten vorgaben, wie man zu der silhouette der 80-er aus dem grundschnitt kommt.heute weiß ich das nciht emhr und alle meine unterlagen sind im altpapier. wenn ich es heute machen müsste, müsste ich auch das vor augen als stütze haben.seitdem ich das mit den linien weiß, versuch ich nicht mal etwas nach zu bauen,weil ich weiß, ich schaffe es einfach genau so nciht und was anderes will ich auch nicht, das würde mich stören.
    interessant fand ich, dass meine schüllerin änlichen vorsatz hatte, hat Müller-kurse gemacht und dennoch immer was interessanteres gab, aber selbst einen schnitt aus der basis zu entwickeln. so blieb es nurbei einer einzigen bluse nach „rundschau“ (Müller-ausgabe) schnittabwandlungs-vorlagen.
    aber,was mich perpanent reizt und anfixt ist die japanische Mrs, Stylebook, weil sie zwar auf basis-vorlagen ihre shcnittabwandlungen machen, aber immer mit mode mitgehen. d.h. auch ihre linien und konstruktionsvorlagen ändern sich mit der zeit, je nacheem wie die silhoeutten sind.

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  6. heidi

    Martina,
    „…. sind bereits am Vermessen gescheitert.“
    Das ist ja Sinn und Zweck eines Grundschnittes: Das Feststellen der richtigen Maße und wo sitzt was im Bezug zu was.
    lg
    heidi

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    1. Mema Beitragsautor

      Liebe Max Lau,
      du kannst den Grundschnitt auch bei vorhandenen Schnittmustern anwenden. Immi hat da ihre ganz eigene Art und zeigt sie ja auch immer mal. Jede Figur hat ihre eigene Proportion (ich habe einen etwas kurzen Oberkörper und einen sehr kurzen Unterkörper und lange Beine……). Diese Eigenheiten bildet ein Schnittmuster nie ab. Der Vergleich mit dem passenden Grundschnitt kann aber schon zeigen wie und wo der Schnitt verändert werden muss. Ein Probemodell ist dann oft trotzdem noch sinnvoll. Ich finde aber zunehmend Spass daran aus dem Grundschnitt (und noch Vorlage eines Bildes, ich bin ja keine Desingnerin) Kleider nachzuarbeiten. Das mit den Linien über die Julia immer so spannend schreibt erschließt sich mir nur grob. Diese ganz dezenten Schnittführungen kann ich nicht gut erkennen.
      Bis bald Mema

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  7. MaxLau

    Irgendwie fehlt mir Zeit: Zeit zum Bloggen, Zeit zum Kommentieren, Zeit zur Grundschnitterstellung usw.

    Als erstes möchte ich mich bei dir und Immi bedanken, dass ihr euer Wissen mit uns teilen möchtet. Das ist keine Selbstverständlichkeit und daher äußerst lobenswert. Vor allem da es sich nicht um „Halbwissen“, sondern um eure Erfahrungen auf dem Gebiet handelt.
    Meine Versuche einen Grundschnitt zu erstellen, sind bereits am Vermessen gescheitert. Die erhaltenen Werte irritieren und verunsichern mich. Ja, und dann fehlt mir natürlich ganz ganz viel Basiswissen. Daher nähe ich von den meisten Modellen ein Probeteil, bei dem ich die gravierendsten Änderungen bereits berücksichtigt habe. Ist halt sehr umständlich!
    Eine große Frage beschäftigt mich bei der Grundschnitterstellung. Sie ist mir fast peinlich! Was mache ich nach der Erstellung mit meinem Grundschnitt? Welche Erleichterung bietet er mir? Kann ich ihn bei vorhandenen Schnitten anwenden? Aber bei vorhandenen Schnitten weiß ich ja gar nicht, was sich der Designer gedacht hat. (Sollen die Schultern hoch sitzen oder ist die vorhandene Weite wirklich so weit?) Fragen – Fragen – Fragen!

    Ich hoffe, dass mir euer Ausflug in die Grundschnitterstellung Klärung auf meine Fragen gibt. Jedenfalls freue ich mich sehr über das Thema.

    Dir wünsche ich ganz viel Spaß in der Heide. Dieses Thema finde ich ebenso reizvoll. Mich würde es sehr interessieren, ob man einen Unterschied zwischen der einfachen und der gehobenen Verarbeitung am Endmodell sieht bzw. beim Tragen bemerkt.
    Viel Spaß
    Martina

    Antworten
    1. Mema Beitragsautor

      Liebe Bellana,
      es ist uns ein Vergnügen. Zu Begin meiner Bloggerinnenzeit und auch jetzt noch profitiere ich sehr. Da ist etwas zurückgeben doch nur normal.
      Schöner Gruß Mema

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  8. dreikah

    Liebe Mema,
    ich lese wird Reihe zum Thema Grundschnitte ganz interessiert und sehr gerne. Das ist ja eine geniale Wissenssammlung. Danke dafür.
    LG Karin

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